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Auf Schallwellen schwebende Bauteile

Akustisches Konstruktionssystem

Auf Schallwellen schwebende Bauteile

Wie von Geisterhand gehalten, schweben Stäbchen, Kügelchen und Klebstoff an die gewünschte Position: Forscher haben ein Konstruktionssystem entwickelt, das komplexe 3D-Strukturen berührungslos aufbauen kann. Das Geheimnis von „LeviPrint“ ist dabei eine raffinierte Umsetzung der sogenannten akustischen Levitation: Die Bauteile werden von einem komplexen Feld aus Schallwellen in der Schwebe gehalten, das ein Element am Ende eines beweglichen Roboterarms erzeugt. Der Prototyp hat bereits eindrucksvoll sein „bastlerisches“ Talent unter Beweis gestellt. Es zeichnet sich damit interessantes Anwendungspotenzial ab, sagen die Entwickler.

Laute Musik aus einer Lautsprecherbox können wir manchmal regelrecht in unseren Knochen spüren und sie kann etwa kleine Objekte wie Styroporkügelchen zum Tanzen bringen. Dabei werden die Kräfte deutlich, die Schallwellen auf Materie ausüben können. Diesen Effekt macht man sich beim Verfahren der akustischen Levitation gezielt zunutze. Dabei erzeugen speziell positionierte Lautsprecher Ultraschall, sodass ein Feld aus stehenden Wellen entsteht. An Knotenpunkten sorgt es dabei für Dynamiken, die Objekte kontrolliert in der Schwebe halten können. Diese Verfahren wird bereits seit einiger Zeit zur berührungsfreien Manipulation von kleinen Objekten wie Wassertropfen oder Kunststoffkügelchen eingesetzt. Doch nun präsentieren die Forscher um Asier Marzo von der Public University of Navarre in Pamplona eine Weiterentwicklung, die das Anwendungspotenzial des Verfahrens deutlich erweitern könnte.

Stäbchen im akustischen Bann

Ihr LeviPrint genanntes System basiert auf einer raffinierten Optimierung der akustischen Tragfähigkeit: Es ist den Wissenschaftlern gelungen, durch die Kombination aus neuartigen Lautsprechereinheiten und der Steuerung durch spezielle Algorithmen neben kugeligen auch Objekte mit länglicher Form in der Schwebe zu halten. Es werden dabei akustische Feldkonfigurationen gebildet, die einen festen Bann auf die Stäbchen ausüben. Der Effekt ist so intensiv, dass er auch erhalten bleibt, wenn das Feld bewegt wird: Das Objekt bewegt sich dann mit und lässt sich auch drehen. Für ihren Prototyp haben die Wissenschaftler dieses System am Ende eines Roboterarms installiert, der sich flexibel bewegen lässt. „Um berührungslos komplexe Objekte herstellen zu können, haben wir einen Levitator in Kombination mit einem Roboterarm und einem Flüssigkeitsdispenser entwickelt“, sagt Marzo.

Wie die Tests zeigen, kann das System Objekte sicher in seiner „akustischen Hand“ halten, sie bewegen und drehen und sie damit berührungslos positionieren. Mit dem Roboterarm ist es dadurch möglich, vielfältige 3D-Strukturen aus Stäbchen, Partikeln und Klebstoff zu konstruieren, verdeutlichen die Entwickler. Für die Demonstrationszwecke haben sie etwa kleine Würfel oder eine Brücke mit dem LeviPrint-System gebaut. Die größten Stäbchen-Einheiten aus Balsaholz waren dabei acht Zentimeter lang und wogen 16 Milligramm.

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Berührungslos konstruierte 3D-Strukturen

Nachdem die „akustische Hand“ ein solches Bauteil für die Konstruktion positioniert hat, nimmt sie ein Klebstofftröpfchen aus einem Dispenser auf und transportiert es schwebend zu den Verbindungsstellen der Elemente. Ein UV-Licht sorgt dort dann für das Aushärten des Klebstoffs an den Verbindungen zwischen den Bauteilen. Neben Stäbchen-Konstruktionen können auch Gebilde aus mehreren Kunststoffkügelchen aufgebaut werden. Auch der Klebstoff allein kann als Baumaterial dienen: Es lassen sich Strukturen erzeugen, die nur aus Klebstoffelementen bestehen, die nacheinander aufgetragen und durch UV-Bestrahlung ausgehärtet werden, zeigen die Demonstrationen.

In ihrem LeviPrint-System sehen die Wissenschaftler nun erhebliches Potenzial für Anwendungen. „Es kommt zu keinen Kontaminationen, da der Manipulator das Material nicht berührt. Außerdem ermöglicht das System Fertigungstechniken, die mit anderen Verfahren nicht möglich sind, wie etwa die Konstruktion in geschlossenen Behältern von außen“, erklärt Erstautor Iñigo Ezcurdia von der Public University of Navarre. Denn das Ultraschallfeld kann bestimmte Materialien auch durchdringen, berichten die Forscher. So haben sie beispielsweise ein kleines Schiff im Inneren eines Drahtgebildes gebaut, indem sie Materialien von außen durch eine Öffnung zu der kleinen Baustelle schweben ließen.

„Wir hoffen, dass diese Technik neue Fertigungsverfahren inspirieren kann – etwa Bereiche wie die Mikrofertigung von elektromechanischen Komponenten“, schreiben die Wissenschaftler. Weiterentwicklungen des Konzepts könnten ihnen zufolge das Potenzial sogar noch deutlich erweitern: „Wenn LeviPrint so angepasst werden kann, dass es in wässrigen Medien funktioniert, könnte es vielleicht auch komplexe Strukturen in Zellkulturmedien oder sogar in Lebewesen aufbauen“, so das Team.

Quelle: Elhuyar Foundation, Pre-print of the work
Video: © UpnaLab

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