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Mit „Schnapp-Effekt“ fix durchs Wasser

Softrobotik

Mit „Schnapp-Effekt“ fix durchs Wasser

Video: Yin Lab@NCSU

Wie im Schwimmstil „Schmetterling“ sind sie unterwegs: Forscher haben durch ein raffiniertes Antriebskonzept die bisher schnellsten aquatischen Softroboter entwickelt. Die auch vom Rochen inspirierten “Butterfly Bots” werden durch gespannte Elemente angetrieben, die durch Druckveränderung kleiner Luftsäcke in eine andere Stellung schnappen und dadurch für Vortrieb sorgen. Dadurch erreichen die Roboter eine beachtliche Geschwindigkeit von knapp vier Körperlängen pro Sekunde – bei wenig Energieverbrauch.

Herkömmliche Unterwasserfahrzeuge sind starr, massiv und werden durch surrende Propeller angetrieben. Tiere sind hingegen geschmeidig in dem wässrigen Medium unterwegs: Weiche Körperteile wie Flossen oder Flügelstrukturen bei Rochen sorgen für einen gleitenden Vortrieb bei wenig Energieverbrauch. Diese Naturpatente dienen Forschern bereits seit einiger Zeit als Vorbilder. Sie entwickeln sogenannte Softroboter, die aus weichen Bauelementen bestehen und Fortbewegungskonzepte besitzen, die sich an denen der Fische, Quallen oder Rochen orientieren. Gegenüber herkömmlichen Systemen können sie durch eine hohe Energieeffizienz punkten und zudem eignen sie sich für spezielle Einsatzmöglichkeiten – etwa als natürlich wirkende und biegsame Kundschafter in der Unterwasserwelt.

Doch im Vergleich zu ihren natürlichen Vorbildern lassen viele der Entwicklungen in der aquatischen Softrobotik noch zu wünschen übrig. „Bisher waren schwimmende Softroboter nicht in der Lage, schneller als eine Körperlänge pro Sekunde zu schwimmen. Meerestiere – wie Mantarochen – können sich hingegen viel schneller fortbewegen“, sagt Senior-Autor Jie Yin von der North Carolina State University in Raleigh. Deshalb haben er und sein Team nun ein Konzept entwickelt, das aquatischen Softrobotern buchstäblich auf die Sprünge helfen soll.

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Bistabiler Flügelzustand

Ihre Konstruktionen beziehen Schwimmkraft aus flügelartigen Strukturen, die einen gespannten, bistabilen Zustand aufweisen. Das heißt, sie können schon durch eine geringe Kraftzufuhr von einer in eine andere Stellung springen. Der Flügel ist dabei vergleichbar mit einer Haarspange: Diese Gebilde sind so lange stabil, bis man eine bestimmte Energiemenge aufbringt, indem man sie durch Fingerdruck leicht verbiegt. Wenn die Energiemenge einen kritischen Punkt überschreitet, schnappt die Haarklammer dann in ihre zweite stabile Form um. Bei den Butterfly Bots werden die von der Haarspange inspirierten bistabilen Flügel aus einem Rahmen aus flexiblen Polyester-Streifen gebildet, der von einer Kunststoffmembran überzogen ist. Die Streifen sind an ihren Enden in einer Weise verbunden, dass ein gekrümmter, bistabiler Spannungszustand des Flügels entsteht.

Die an die Form eines Rochens erinnernde Struktur ist dabei an einem weichen Silikonelement befestigt, das ein Schnappen in den jeweils anderen Zustand ermöglicht. Darin sitzen zwei übereinander angeordnete Luftkammern, die sich wahlweise befüllen lassen: Dehnt sich die obere aus, krümmt sich das Silikonelement nach unten, im Fall der gefüllten unteren Kammer nach oben. Damit wird auch der gespannte Flügel entsprechend unter Druck gesetzt, bis er umschnappt. Wenn sich die Kammern im Wechsel aufblähen und entleeren, biegt sich somit der Flügel nach oben und unten. Um den Vortrieb zu erhöhen, der durch dieses Flattern entsteht, haben die Forscher noch ein zusätzliches Membranelement an die Flügel der Konstruktion angehängt. Da die Fortbewegungsweise ruckartig ist und damit an den Schmetterlings-Schwimmstil erinnert, gaben die Forscher dem Design den Namen Butterfly Bot.

Effizient unterwegs

„Die meisten bisherigen Versuche, Roboter mit Flügelschlag zu entwickeln, konzentrierten sich auf die Verwendung von Motoren, die diese Einheiten direkt antreiben. Der Einsatz bistabiler Flügel, die passiv durch die Bewegung eines zentralen Elements angetrieben werden, ermöglichen im Vergleich dazu eine vereinfachte Konstruktion, die das Gewicht senkt“, erklärt Yin. Wie das Team berichtet, kann ihr 2,8 Gramm leichter Prototyp nun mehr als viermal schneller schwimmen als bisher entwickelte Softroboter: Er erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 3,74 Körperlängen pro Sekunde. Den Berechnungen der Forscher zufolge besitzt er dabei eine Energieeffizienz, die sich mit der von Meerestieren beim Schwimmen vergleichen lässt.

Die schnelle Version des Butterfly Bots lässt sich allerdings nicht steuern und schwimmt nur geradeaus. Deshalb entwickelte das Team zusätzlich auch ein lenkbares Modell. Es besitzt zwei Antriebseinheiten, die Seite an Seite verbunden sind. Dank dieser Konstruktion lassen sich die Flügel auf beiden Seiten unabhängig voneinander ansteuern, um mit einem seitlichen Flügelschlag eine Richtungsänderung herbeizuführen. Die Wendigkeit geht dabei allerdings zulasten der Geschwindigkeit. Aber auch der manövrierfähige Prototyp erreicht immerhin noch eine Geschwindigkeit von 1,7 Körperlängen pro Sekunde.

Bis das Konzept zum praktischen Einsatz kommen kann, ist nun allerdings noch Entwicklungsarbeit nötig, sagen die Forscher. „Am offensichtlichsten ist, dass die derzeitigen Prototypen noch durch dünne Schläuche gefesselt sind, mit denen wir die Luft in die zentralen Elemente pumpen. Wir arbeiten aber derzeit an der Entwicklung einer Version, die frei und autonom schwimmen kann“, sagt Yin.

Quelle: North Carolina State University Fachartikel: Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.add3788

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