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Phasenwechsel als Speicher der Zukunft?

Technik|Digitales

Phasenwechsel als Speicher der Zukunft?
Computerspeicher
Beruht der Computerspeichier der Zukunft auf dem Phasenwechsel? (Grafik: maxabakov/ iStock)

Bisher bestehen die Bits in unseren Computern aus elektronischen oder magnetischen Schaltern. Doch Forscher tüfteln bereits an neuartigen Datenträgern, die schneller sein könnten als herkömmliche Technologien. Der Clou dabei: Die Nullen und Einsen dieser sogenannten Phasenwechselspeicher kommen durch den wechselnden Aggregatzustand des Materials zustande. Jetzt haben Wissenschaftler ein Material identifiziert, das tausendfach schneller reagiert als ein herkömmlicher Flashspeicher. Gleichzeitig liefert diese eine Legierung aus Germanium, Antimon und Tellur wertvolle Informationen über die Physik solcher Phasenwechselspeicher.

Phasenwechsel begegnen uns in unserm Alltag vor allem beim Wasser: Je nach Temperatur liegt es flüssig, fest oder gasförmig vor. Dieses Prinzip nutzen auch Phasenwechselspeicher: Sie sichern Daten, indem sie den Aggregatszustand der einzelnen Bits zwischen flüssig, glasartig und kristallin ändern. Ein elektromagnetisches Feld, Wärme- oder Lichtimpulse schalten dabei zwischen den Phasen hin und her. Diese Technologie hat das Potenzial, kostengünstige, schnelle und hochdichte Speicher bereitzustellen. Konzerne wie Intel, IBM und Samsung versuchen deshalb das Prinzip von Phasenwechselspeichern seit langem in technisch nutzbare Produkte umzusetzen. Noch allerdings sind einige Merkmale solcher Materialien kaum untersucht, dazu zählt vor allem die Schnelligkeit und Präzision des Phasenwechsels, aber auch das Verhalten der flüssigen Phase.

Phasenwechel im Neutronenstrahl

Wissenschaftler um Shuai Wei von der RWTH Aachen haben nun untersucht, wie gut sich eine Legierung aus Germanium, Antimon und Tellur als Phasenwechselspeicher eignen würde. Dafür analysierten sie vor allem den glasartig-flüssigen Zustand dieser Mischung mithilfe der Neutronenstreuung. Im Neutronenstrahl des Heinz Maier-Leibnitz Zentrums in Garching konnte sie verfolgen, wie sich die Metallteilchen bei Erwärmung bewegen und anordnen – und wie schnell und präzise der Phasenwechsel geschieht.

Es zeigte sich: Bei dieser speziellen Mischung sind die Phasenänderungen schärfer abgegrenzt als bei anderen bisher untersuchten Materialien. Wenn Germanium, Antimon und Tellur in einem speziellen Verhältnis gemischt werden, sinken die Dichtemaxima und die damit verbundenen Metall-zu-Nichtmetall-Übergänge auf eine Weise unter den Schmelzpunkt, die relativ scharfe Übergänge erlaubt. Dadurch lässt sich der Phasenwechsel bei diesem Material reproduzierbarer steuern als bei vergleichbaren Ansätzen. Ein Phasenwechselspeicher aus dieser Germanium, Antimon und Tellur-Mischung wäre tausendfach schneller als ein herkömmlicher Flashspeicher, wie die Forscher berichten.

Einsteins Gleichung gilt nicht

Und noch etwas ergaben die Experimente der Wissenschaftler: Sie zeigen, dass eine Gleichung, die Albert Einstein in seiner Doktorarbeit aufgestellt hatte, für ihr Material nicht gilt. Die sogenannte Stokes-Einstein-Relation beschreibt die Bewegung von Teilchen wie eine Kugel, die in einem Honigglas versinkt. Die Gültigkeit dieser Gleichung wird bislang auch für die Phasenwechselspeicher angenommen. „Unsere Ergebnisse beweisen aber, dass diese Gleichung bei Temperaturen oberhalb des Schmelzpunktes nicht mehr gilt“, sagen Wei und seine Kollegen. So hat das Material oberhalb des Phasenübergangs eine hohe Viskosität, die Kristallisation erfolgt dann sehr schnell. Unterhalb hingegen erstarrt die Flüssigkeit, indem sie den schlecht leitenden, amorphen Zustand beibehält.

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Der große Vorteil: In den nanoskopischen Bits des Phasenwechselspeichers bleibt dieser Zustand praktisch unbegrenzt erhalten. Erst ein gezielter, kurzer Wärmeimpuls lässt die Temperatur lokal schnell ansteigen, so dass das Bit innerhalb von Nanosekunden in den leitenden Zustand übergeht. Dieser entspricht einem Bit in der Stellung 1. Ein längerer Puls, beispielsweise eines Infrarotlasers, gefolgt von einer schnellen Abkühlung, führt wieder in den schlecht leitenden Zustand, der Position 0. Nach Ansicht der Forscher eröffnet dieses Material damit neue Möglichkeiten für künftige Phasenwechselspeicher.

Quelle: Shuai Wie (RWTH Aachen) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.aat8632

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