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Tragbares Minilabor für Gesundheitsdaten

Medizintechnik

Tragbares Minilabor für Gesundheitsdaten
Das Gerät wird am Oberarm angebracht und sendet Analyse-Daten drahtlos an eine spezielle Smartphone-App. © Labor für Nanobioelektronik / UC San Diego

Ist mein Blutzuckerspiegel okay, habe ich zu viel getrunken oder meine Muskeln beim Training überstrapaziert? Diese Fragen kann ein kleines tragbares Gerät beantworten, das Forscher nun präsentieren. Es erfasst über winzige Nadeln in der Haut schmerzfrei Blutzucker-, Alkohol- und Laktatwerte im Körper des Trägers und sendet sie an ein Smartphone. Besonders bei Diabetikern könnten solche „Multitasking Wearables“ auf unproblematische Weise helfen, den körperlichen Zustand kontinuierlich zu erfassen, sagen die Entwickler.

Wenn man merkt, dass bestimmte Werte im Körper aus dem Ruder laufen, ist leider oft schon Schaden entstanden. Aus diesem Grund widmen sich Medizintechniker schon seit einiger Zeit der Entwicklung von tragbaren Überwachungssystemen, die kontinuierlich bestimmte Gesundheitswerte im Körper erfassen können. Doch nach wie vor lassen diese Systeme zu wünschen übrig. Wie das Forscherteam von der University of California in San Diego erklärt, besteht bei den bisherigen Systemen für Diabetiker vor allem das Manko, dass nur der Blutzuckerspiegel erfasst wird. Den Wissenschaftlern zufolge werden dabei Informationen ausgelassen, die ebenfalls eine wichtige Rolle für die Gesundheit spielen können. Bei ihrem nun vorgestellten Prototyp eines Multitasking Wearables haben sie zunächst eine Nachweismöglichkeit des Spiegels von Alkohol und Laktat integriert.

Wie die Forscher erklären, ist die Überwachung des Alkoholspiegels unter anderem deshalb sinnvoll, weil der Konsum von Wein und Co den Blutzuckerspiegel senken kann. Die Kenntnis beider Werte kann Menschen mit Diabetes dabei helfen, zu verhindern, dass ihr Blutzuckerspiegel nach dem Alkoholkonsum zu stark absinkt. Die Informationen über den Laktatspiegel können hingegen ein sinnvolles Maß an Sport aufzeigen. Denn die auch Milchsäure genannte Substanz entsteht, wenn die Muskulatur bei hoher Leistung mehr Sauerstoff benötigt, als durch das Blut zugeführt werden kann. „Mit unserem Wearable kann man das Zusammenspiel zwischen Glukosespitzen und -einbrüchen mit der Ernährung, dem Sport und dem Konsum alkoholischer Getränke sehen. Diese Informationen könnten dabei helfen, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern“, sagt Co-Autor Farshad Tehrani.

Mikronadeln erfassen schmerzfrei Biomarker

Das Gerät ist etwa so groß wie ein Kronkorken und wird wie ein Pflaster auf der Haut des Oberarms getragen, während es drahtlos Analysewerte an eine spezielle Smartphone-App sendet. „Es fungiert wie ein kleines Labor auf der Haut: Es ist in der Lage, kontinuierlich mehrere Biomarker gleichzeitig zu messen, sodass die Nutzer ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden überwachen können, während sie ihren täglichen Aktivitäten nachgehen“, sagt Co-Autor Joseph Wang. Erfasst werden die Substanzen über einen Array aus mikroskopisch kleinen Nadeln, die jeweils etwa ein Fünftel so breit wie ein menschliches Haar sind. Sie dringen beim Anbringen des Geräts schmerzfrei in die oberste Schicht der Haut ein, wo sie mit Gewebsflüssigkeit in Kontakt kommen. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass die in dieser Flüssigkeit gemessenen biochemischen Informationen gut mit den Werten im Blut korrelieren, erklären die Forscher.

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Um die Biomarker zu erfassen, befinden sich auf den Spitzen der Mikronadeln Enzyme, die mit Glukose, Alkohol und Laktat reagieren. Dabei entstehen kleine elektrische Ströme, die von Sensoren in dem Gerät erfasst und in Informationen umgesetzt werden. Anschließend werden sie an das Smartphone des Nutzers gesendet, auf dem sie in Echtzeit angezeigt werden. Das System ist dabei auch an einen Langzeitgebrauch angepasst: Das Element mit den Mikronadeln ist reversibel mit dem elektronischen Bauteil verbunden, sodass es sich leicht austauschen lässt. Zum Wiederaufladen der Akkus des Geräts wird es zudem einfach auf ein kabelloses Ladepad gelegt.

Vielversprechende Testergebnisse

Inwieweit das Multitasking Wearable auch tatsächlich hält, was es verspricht, testeten die Forscher an fünf Freiwilligen: Sie trugen das Gerät am Oberarm, während sie Sport trieben, eine Mahlzeit aßen und ein Glas Wein tranken. Wie sich zeigte, konnte es dabei erfolgreich den Glukosespiegel der Probanden gleichzeitig mit dem Alkohol- oder Laktatspiegel überwachen: Die mit dem Gerät gemessenen Informationen stimmten mit den Werten überein, die mit einem handelsüblichen Blutzuckermessgerät, einem Atemalkoholtester und einer im Labor durchgeführten Blutlaktatmessung ermittelt wurden, berichten die Forscher. Außerdem bestätigte sich: Trotz des „Piks-Systems“ war das Wearable problemlos hautverträglich.

Die Wissenschaftler sehen in dem Konzept deshalb nun einen großen Fortschritt im Bereich der Entwicklung von tragbaren Überwachungsgeräten und hoffen, dass die Technologie schon bald auf den Markt kommen kann. Dazu arbeiten sie nun daran, die mögliche Nutzungsdauer der Mikronadel-Elemente noch weiter zu steigern. Außerdem wollen sie das Multitasking-Potenzial des Prototyps erweitern. Das Gerät könnte demnach mit zusätzlichen Sensoren ausgestattet werden, um etwa den Medikamentenspiegel von Patienten oder andere gesundheitliche Parameter zu überwachen, schreiben die Entwickler.

Video © Labor für Nanobioelektronik / UC San Diego

Quelle: University of California in San Diego, Fachartikel: Nature Biomedical Engineering, doi: 11038/s41551-022-00887-1

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