Vincent van Gogh malte Licht- und Wolkenwirbel so realistisch, dass die dargestellten Strukturen den physikalischen Gesetzmäßigkeiten für Turbulenzen entsprechen. Das haben Physiker aus Mexiko und Spanien herausgefunden, als sie van Goghs 1889 gemaltes Bild „Sternennacht“ und zwei weitere bekannte Werke des Malers analysierten. Nach den Ergebnissen von Jose Luis Aragón gehorchen die Wirbel einem vom russischen Mathematiker Andrei Kolmogorov entwickelten Modell für turbulente Strömungen.
Kolmogorov hatte in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts ein Modell entworfen, mit dem sich die Struktur von Wasser- oder Luftwirbeln beschreiben lässt. Seine Theorie stellt eine Beziehung her zwischen der Geschwindigkeit und dem Abstand zweier beliebiger Punkte in dem Gas oder der Flüssigkeit. Der Wissenschaftler gilt damit als einer der Begründer der Theorie der Turbulenz.
Auch die Wirbel der 1889 gemalten „Sternennacht“ gehorchen diesen Gesetzen, konnten die Wissenschaftler um Aragón zeigen. Die Forscher verwendeten für ihre Analyse eine elektronische Reproduktion des Meisterwerks und werteten die Helligkeitsschwankungen in den dargestellten Wirbeln aus Wolken und Licht aus. Kolmogorovs Theorie entsprechende Strukturen fanden die Forscher auch in zwei weiteren Werken van Goghs, „Straße mit Zypresse und Stern“ und „Weizenfeld mit Krähen“, die beide 1890 kurz vor seinem Tod entstanden. In den Wolkenwirbeln des weltberühmten Bilds „Der Schrei“ des norwegischen Malers Edvard Munch fanden die Forscher hingegen keine solchen Formen.
Auch die von van Gogh gemalten Sonnenblumen haben eine realistische Wirkung, wie im vergangenen Jahr britische Forscher in Tests mit Hummeln herausgefunden hatten. Die Insekten zogen van Goghs Blumen den Blumendarstellungen anderer Maler vor.
Jose Luis Aragón (Nationale Universität von Mexico, Querétaro) et al.: Online-Vorabveröffentlichung ddp/wissenschaft.de ? Ulrich Dewald