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Projekt Spaceguard

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Projekt Spaceguard
„Die „“Erdbahnkreuzer““ im Visier. Im Weltraum lauert der Tod – doch bislang behalten nur wenige Astronomen die Brocken, die mit der Erde kollidieren können, im Auge. Dabei wäre das „“Projekt Spaceguard““ eine Lebensversicherung gegen die ultimative Katastrophe.“

Am 22. März 1989 flog der über 200 Meter große Planetoid 4581 Asclepius (1989 FC) in der doppelten Mondentfernung an der Erde vorbei. Eine Kollision hätte eine der größten Tragödien in der Geschichte der Menschheit ausgelöst. Die Begegnung blieb damals unbemerkt und wurde erst aus der Rückrechnung der Bahn rekonstruiert, nachdem das Objekt am 31. März von Astronomen am Mount Palomar-Observatorium entdeckt worden war.

Doch Asclepius ist nur ein kosmischer Vagabund unter vielen, die uns gefährlich werden können. „Die Erde befindet sich in einem Schwarm von Planetoiden“, warnte der renommierte, im letzten Jahr während der Kratersuche in Australien tödlich verunglückte amerikanische Geologe Eugene Shoemaker. Das ist durchaus keine Übertreibung. Schätzungsweise 2000 rund einen Kilometer große Planetoiden treiben in Erdnähe durch den Raum.

Bislang sind nicht einmal zehn Prozent von ihnen entdeckt worden und nicht einmal jeder Tausendste der Brokken von weniger als 100 Meter Durchmesser. Bis zum Sommer dieses Jahres waren neben zehn potentiell gefährlichen Kometen 270 Near-Earth Objects (NEOs) katalogisiert, davon 122 mit mehr als einem Kilometer Durchmesser.

Die bisherigen Daten lassen darauf schließen, daß die Erdbahn von mehr als einer Milliarde Planetoiden und Kometen über zehn Meter Durchmesser gekreuzt wird, ferner von rund einer Million über 100 Meter und vielleicht 10000 zwischen 0,5 und 5 Kilometer. Als Faustregel gilt, daß ein 100 Meter großer NEO durchschnittlich alle 10000 Jahre, einer mit einem Durchmesser von einem Kilometer alle Million und mit einem von 10 Kilometern alle 100 Millionen Jahre auf die Erde trifft.

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Shoemaker, der 1960 als erster die Einschlagsnatur des Nördlinger Rieses beweisen konnte, das damals noch von vielen Geologen als Vulkankrater interpretiert wurde, gehörte dem Near Earth Objects Search Committee an. Es war 1994 anläßlich der Kollision des von dem Astronomen mitentdeckten Kometen Shoemaker-Levy 9 mit Jupiter vom Kongreß der USA eingerichtet worden. Es sollte einen möglichst preiswerten, aber effektiven Vorschlag zur Weltraumüberwachung erarbeiten, um innerhalb der nächsten Dekade so viele NEOs wie möglich zu erfassen. Die meisten Teleskope stehen für die Suche allerdings nicht zur Verfügung und sind oft auch ungeeignet, weil sie für die Beobachtung ferner, lichtschwacher Galaxien mit hoher Vergrößerung konzipiert wurden.

Für die Fahndung nach den Erdbahnkreuzern sind dagegen lediglich mittelgroße Instrumente nötig, die aber ein spezielles Design haben müssen, um ausgedehnte Himmelsregionen rasch nach Objekten bis zur 20. Helligkeitsklasse zu durchmustern. Solche Objekte sind eine millionmal lichtschwächer als die gerade noch mit bloßem Auge sichtbaren Sterne über einer großen Stadt in einer mondlosen Nacht.

Schon seit längerem plädieren Astronomen für ein Projekt, das sie Spaceguard (Weltraumwache) nennen. Ursprünglich sollten speziell für die NEO-Fahndung sechs neue, weltweit verteilte Spiegelteleskope der 2-Meter-Klasse gebaut werden, um innerhalb von 25 Jahren 90 Prozent aller über einen Kilometer großen Erdbahnkreuzer aufzuspüren. Diese Teleskope hätten etwa 50 Millionen Dollar gekostet, ihr Betrieb weitere 10 bis 15 Millionen Dollar jährlich. Dies wäre, wie ein Astronom sagte, „eine bescheidene Investition, um unseren Planeten gegen die ultimative Katastrophe zu versichern“. Doch die Finanzierung wurde nicht bewilligt.

Immerhin ist der NASA-Jahresetat für die US-Suchprogramme gerade auf drei Millionen Dollar verdoppelt worden. Wenn es nach Carl Pilcher ginge, der bei der NASA für die Planetoidenjagd zuständig ist, soll ein Katalog mit 90 Prozent aller über einen Kilometer großen NEOs binnen eines Jahrzehnts vorliegen. Die zur Zeit laufenden oder geplanten Programme brauchen allerdings mindestens fünfmal soviel Zeit.

Pionierarbeit bei der systematischen Suche nach den kosmischen Gefahren leisteten Carolyn und Eugene Shoemaker mit dem 46-Zentimeter-Schmidt-Teleskop am Mount Palomar. Ebenfalls dort durchmusterte Eleanor Helin vom Jet Propulsion Laboratory der NASA im kalifornischen Pasadena seit 1973 den Himmel nach NEOs. Seit 1996 arbeitet sie zusammen mit David L. Rabinowitz und Steven H. Pravdo am NEAT-Projekt (Near-Earth Asteroid Tracking) auf Hawaii. Dort wurde ein 1-Meter-Teleskop der Air Force, das früher der Beobachtung von Satelliten diente, mit einer automatischen elektronischen Kamera ausgerüstet. Die erste computergestützte Himmelsdurchmusterung ist das 1990 begonnene Spacewatch-Projekt. Betrieben wird es von einem Astronomen-Team der University of Arizona in Tucson unter der Leitung von Tom Gehrels. Herzstück ist ein 91-Zentimeter-Refraktor auf dem Kitt Peak. Dieses Linsenteleskop aus dem Jahr 1921 wurde mit hochgezüchteter Elektronik und automatischer Computerauswertung ausgerüstet. Ein Drittel aller NEO-Entdeckungen wurde damit gemacht – bis herab zu sechs Meter kleinen Brocken, die teilweise nur 100000 Kilometer an der Erde verbeiflogen. Demnächst soll auch ein neues 1,8-Meter-Teleskop zum Einsatz kommen. Ebenfalls in Arizona wird demnächst der Catalina Sky Survey den Himmel fernab der Erdbahnebene überwachen, womit schon 1992 der Bigelow Sky Survey begann. LINEAR, das Lincoln Near Earth Asteroid Research Projekt des Massachusetts Institute of Technology sucht mit einem 1-Meter-Teleskop der Air Force auf der White Sands Missile Range in New Mexico seit März 1998 nach NEOs und hat bis Ende Juni bereits 59 neue entdeckt, ferner sieben Kometen. Eine Fortsetzung des Shoemaker-Programms wird bald unter der Bezeichnung LONEOS (Lowell Observatory Near-Earth-Object Search) starten. Ziel ist, mit einem 58-Zentimeter-Schmidt-Teleskop am Lowell-Observatorium bei Flagstaff in Arizona etwa 60 NEOs pro Monat aufzuspüren, wovon 20 über einen Kilometer groß sein dürften. Europäische Wissenschaftler haben sich zum EUNEASO-Programm zusammengeschlossen (European Near-Earth Asteroids Search Observatories). Beteiligt sind astronomische Institute in Schweden, Italien, der Tschechei und der Ukraine sowie das Observatoire de la CÖte d’Azure (OCA) im französischen Nizza und das Institut für Planetenerkundung der Deutschen Luft- und Raumfahrtanstalt (DLR) in Berlin. Eingesetzt werden mehrere Kleinteleskope. Ein wichtiges Projekt ist O.D.A.S. (OCA-DLR Asteroid Survey) mit seinem 90-Zentimeter-Schmidt-Teleskop in Südfrankreich unter der wissenschaftlichen Leitung von Hans Scholl und Gerhard Hahn. Das einzige Projekt auf der Südhalbkugel, Spaceguard Australia, hatten Duncan Steel und Rob McNaught vom Anglo-Australian Observatoriy in New South Wales mit dem 1,2-Meter-UK-Schmidt-Teleskop durchgeführt. Ende 1996 mußten sie ihre Arbeit einstellen, weil die australische Regierung die Finanzierung von 100000 Dollar pro Jahr stoppte. Für die Bahnbestimmung der NEOs war Spaceguard Australia besonders wichtig: 60 Prozent aller Wiederentdeckungen glückten dort. „Nachdem wir einige Nadeln im Heuhaufen gefunden haben, werfen wir sie nun leichtfertig zurück“, beklagt sich Steel.

Inzwischen haben sich private Initiativen zusammengeschlossen, um über die Bedrohung aus dem All zu informieren, ihre Erforschung voranzutreiben und besser zu koordinieren. Besonders wichtig ist die im März 1996 in Rom gegründete Spaceguard Foundation, die international zahlreiche Ableger hat, darunter einen in Deutschland. Ferner gibt es ein NEO Grant Programm im Rahmen der renommierten Planetary Society sowie die Citizens Protection Against Near Earth Objects mit Sitz im amerikanischen Colorado Springs und die 1994 gegründete russische Space Shield Foundation.

Die Unwahrscheinlichkeit eines Einschlags in den nächsten Jahren ist kein Argument für Untätigkeit. Weil größere Objekte auf Kollisionskurs eine enorme Zahl an Toten fordern, ist das auf den Zeitraum eines Jahres umgerechnete Risiko, daß ein Mensch durch einen Himmelskörper umkommt, gar nicht so klein. Es entspricht ungefähr der Gefahr, bei einem Flugzeugabsturz im Linienverkehr getötet zu werden. Die Chance beträgt etwa 1 zu 20000 pro Jahr und Passagier.

Wenn man bedenkt, daß für die Flugsicherheit jährlich weltweit über 100 Millionen Dollar ausgegeben werden, sind ähnliche Vorsichtsmaßnahmen gegen Weltraumbomben – in erster Linie Beobachtungsprogramme – kein Luxus. Noch im April 1997 hatte Shoemaker in einer Anhörung vor dem US-Kongreß angeregt, wenigstens zwei Teleskope der 2-Meter-Klasse zu bauen und brachliegende 1-Meter-Teleskope der Air Force mit empfindlichen Detektoren auszustatten. Nötig wäre ferner eine verbesserte Infrastruktur, um neu entdeckte NEOs zielgerichtet zu verfolgen und ihren Kurs rasch zu ermitteln. Damit wäre auch die Gefahr eines Fehlalarms verringert, wie ihn Bahnberechnungen des Kleinplaneten 1997 XF11 im Frühjahr ausgelöst hatten (bild der wissenschaft 5/1998, „Die Bombe aus dem All“).

Mit diesem abgespeckten Spaceguard-Projekt könnten 90 Prozent der über einen Kilometer großen NEOs und etwa 10 Prozent der NEOs mit Durchmessern zwischen 100 Metern und einem Kilometer binnen 15 Jahren aufgespürt werden. Mit Unterstützung der für solche Gefahren eigentlich zuständigen Air Force und durch internationale Kooperationen gelänge dies sogar schon binnen zehn Jahren. Kosten: 24 Millionen Dollar für die ersten fünf Jahre, dann 3,5 Millionen Dollar jährlich, insgesamt also etwa 60 Millionen. David Morrison vom Ames-Forschungszentrum der NASA: „Das gesamte Spaceguard-Programm würde weniger kosten als einer der beiden Kinofilme ,Deep Impact` oder ,Armageddon`.“

Gefahr aus dem All – Wie kann man sich gegen Schäden versichern?

„Wünsch dir was“, heißt es gewöhnlich, wenn eine Sternschnuppe über den Himmel huscht. Ob der Wunsch in Erfüllung geht, hängt vielleicht davon ab, wie sehr man sich etwas wünscht – jedenfalls nicht von dem Brocken, der da aufglüht.

Sternschnuppen werden mit Recht für ein harmloses Feuerwerk gehalten: Sie sind lediglich Sandkörnchen, die in der Atmosphäre verglühen. Doch es kann auch dicker kommen: Brocken ab etwa einem Zentimeter Durchmesser können die glühende Fahrt durch die Atmosphäre überstehen. Eine fotografische Himmelsüberwachung hat ergeben, daß pro Jahr etwa 19000 Meteoriten von über 100 Gramm Masse auf die Erde stürzen – eventuell auf ein Haus, ein Auto oder gar einen Menschen. Kann man sich gegen die Gefahr aus dem All versichern lassen?

„Das kann man zwar, und teilweise ist das schon durch andere Versicherungen abgedeckt, doch die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schaden ist extrem gering“, versichert Mathias Hörmann von der Bayerischen Rück. Er ist Experte für Raumfahrtversicherungen, für Schäden an Satelliten. Die Gefahr hat er kürzlich in einer Studie abgeschätzt.

Anlaß war ein Meteorschauer, der in der Nacht vom 17. auf den 18. November erwartet wird: die Leoniden, ein Meteoriten-schwarm im Sonnensystem, der sich über die Bahn des Kometen Tempel-Tuttle verteilt und durch den die Erde in jedem November fliegt. In diesem Jahr wird mit einem besonders ergiebigen Sternschnuppenfall gerechnet, der Höhepunkt liegt wahrscheinlich in den Abendstunden um 22 Uhr.

Die einzelnen Meteoriten haben eine Größe bis maximal einen Zentimeter. Sie können zwar kaum die Erde erreichen, aber sie sind eine ernste Gefahr für Satelliten. Die Wahrscheinlichkeit für einen großen Satelliten wie das Hubble-Weltraumteleskop, getroffen zu werden – so haben die Experten bei der Bayerischen Rück errechnet -, beträgt zwischen 0,006 und 2 Prozent. Von den rund 500 Satelliten, die zur Zeit im Orbit sind, müssen also einige mit einem Treffer rechnen, der die äußere Wand durschlägt.

„Die Satelliten sind akut gefährdet“, erläutert Hörmann. „Es gibt für Satelliten einige Spezial-Versicherungen. Kommerzielle Satelliten-Betreiber, zum Beispiel Eutelsat oder SCR-Astra in Europa, lassen sich versichern, und zwar verteilt über mehrere Versicherungsgesellschaften, die das Risiko parallel tragen. Es gibt bei uns schon Anfragen von einigen Versicherungen, die das Risiko sehen, daß in dieser Nacht im November mehrere Satelliten getroffen werden könnten – eine Kumulierung von Schäden, die insgesamt den Rahmen einer Einzelversicherung sprengt.“

Doch es ist nicht völlig ausgeschlossen, daß ein größerer Meteorit auf ein Haus, auf ein Auto trifft oder gar auf einen Menschen. Kann man sich auch gegen solche irdischen Schäden versichern lassen?

„Wenn ein Meteorit ein Haus durchschlägt“, erklärt eine Sprecherin der Allianz-Generaldirektion in München, „ist dieser Schaden nicht abgedeckt. Eine Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung schützt nur vor den Folgen des Absturzes eines Luftfahrzeugs – das sind Fahrzeuge der Luft- und Raumfahrt -, nicht vor Schäden durch Gesteinsbrocken aus dem All. Extraversicherungen gegen Meteoritenschäden gibt es in Deutschland nicht. Wenn der Meteorit ein Fahrzeug trifft, deckt das die Fahrzeug-Vollkasko-Versicherung. Bei Personenschaden ist dieses ,unvorhergesehene Ereignis von außen` in der Privat-Unfallversicherung mitversichert, es gibt nicht etwa einen Ausschluß wegen höherer Gewalt.“

Doch diese Gefahr ist verschwindend gering – kein Vergleich mit der Gefährdung der Satelliten außerhalb der schützenden Atmosphäre. „Die Wahrscheinlichkeit dafür ist um ein Vielfaches geringer, als vom Blitz getroffen zu werden“, versichert Mathias Hörmann. „Niemand braucht also Angst vor einem Meteoriteneinschlag zu haben.“

Infos im Internet

Potentiell gefährliche Planetoiden http://cfawww/harvard.edu/iau/lists/Closest.html

http://cfawww.harvard.edu/iau/lists/PHACloseApp.html

http://www1.tpgi.com.au/users/tps-seti/spacegd.html

Spaceguard http://www.brera.mi.astro.it/SGF/

Spaceguard Foundation Deutschland http://spaceguard.dlr.de/sgf/default.htm

Rüdiger Vaas

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Pe|ka|ri  〈n. 15; Zool.〉 amerikanisches Wildschwein, Nabelschwein [karib.]

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