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Erstaunlich Schweres in fernen Atmosphären

Exoplaneten

Erstaunlich Schweres in fernen Atmosphären
Künstlerische Darstellung eines ultraheißen Exoplaneten vor seinem Stern. © ESO/M. Kornmesser

Es ist mehr als doppelt so schwer wie Eisen und dennoch kann Barium offenbar in exotischen Atmosphären schweben: Astronomen haben in den Gashüllen zweier „Höllenplaneten“ das bisher schwerste bekannte Element in Exoplaneten-Atmosphären entdeckt. Dieser überraschende Befund sorgt nun für Rätselraten: Es bleibt unklar, wie das Schwergewicht in die großen Höhen gelangen kann. Offenbar gibt es bisher unverstandene Dynamiken in den Atmosphären der skurrilen Exoplaneten aus der Kategorie der ultraheißen Gasriesen.

Nachdem mittlerweile Tausende von Exoplaneten entdeckt und teils grundlegend charakterisiert wurden, rücken immer mehr die Merkmale der Atmosphären der fernen Welten ins Visier der Astronomen. Durch die Methode der Transitspektroskopie versuchen sie, die Merkmale der Gashüllen buchstäblich zu durchschauen: Einblicke in die Zusammensetzung sind durch Spektralanalysen des Lichts möglich, das durch die Atmosphären schimmert, wenn Exoplaneten vor ihrem Zentralstern vorbeiziehen. Die Signaturen der durch Teleskope empfangenen Strahlung ermöglichen dabei Rückschlüsse auf das Vorkommen bestimmter Substanzen.

Höllische Welten im Visier

Im aktuellen Fall standen die beiden Exoplaneten WASP-76 b und WASP-121 b im Fokus des Astronomenteams um Tomás Azevedo Silva von der Universität Porto. Es handelt sich dabei um sogenannte ultraheiße Jupiter. So werden Himmelskörper bezeichnet, deren Größe derjenigen des Riesen in unserem Sonnensystem entsprechen, die aber extrem hohe Temperaturen von teils weit über 1000 Grad Celsius aufweisen. Dies liegt daran, dass sie ihre Wirtssterne sehr nah umkreisen – oft brauchen sie dafür nur ein bis zwei Tage. Diese Bedingungen führen zu exotischen Merkmalen, wie bereits frühere Untersuchungen gezeigt haben. Im Fall von WASP-76 b fanden Astronomen bereits Hinweise darauf, dass Eisendampf in die Atmosphäre gelangt und dort schließlich wieder kondensiert – es bildete sich Eisen-Regen. Bei WASP-121 b zeichneten sich ebenfalls bereits Spuren bizarrer atmosphärischer Prozesse ab.

Nun haben Azevedo Silva und seine Kollegen die Atmosphären der beiden Höllenplaneten erneut genau ins Visier genommen. Um das durch die Atmosphären schimmernde Sternenlicht zu analysieren, nutzte das Team das ESPRESSO-Instrument am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile. Neben den Signaturen bekannter Substanzen stellten sie dabei erstaunt den Fingerabdruck eines speziellen Elements fest. „Wir hatten Barium weder erwartet noch danach gesucht. Wir mussten uns dann erst vergewissern, dass es tatsächlich von dem Planeten stammt, da es noch nie zuvor bei einem Exoplaneten nachgewiesen worden war“, sagt Azevedo Silva. Doch es bestätigte sich: In den oberen Atmosphärenbereichen von WASP-76 b sowie von WASP-121 b kommt Barium vor.

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Rätselhaftes Schwergewicht

Das Erstaunliche ist dabei: Barium ist 2,5 Mal schwerer als Eisen. Es handelt sich um das schwerste Element, das jemals in der Atmosphäre eines Exoplaneten gefunden wurde. „Das erscheint rätselhaft und paradox: Wie kann sich ein solches Element in den oberen Schichten der Atmosphäre dieser Planeten befinden?“, sagt Azevedo Silva. An den irdischen Himmel kommt Barium nur durch Beschuss: Es ist für leuchtend grüne Farbeffekte von Feuerwerkskörpern verantwortlich. Doch für die Forscher stellt sich nun die Frage, welcher natürliche Prozess dazu führen könnte, dass Barium bei diesen Exoplaneten in die Höhe gelangt. „Angesichts der großen Schwerkraft der Planeten würden wir erwarten, dass schwere Elemente wie Barium schnell nach unten sinken“, erklärt Co-Autor Olivier Demangeon von der Universität Porto.

„Das Vorhandensein dieses schweren Elements ist ein Hinweis auf eine unerwartete atmosphärische Dynamik“, schreiben die Wissenschaftler. „Derzeit sind wir uns über die Mechanismen aber noch nicht im Klaren“, sagt Demangeon. Er und seine Kollegen hoffen, dass vielleicht Atmosphärenmodelle Licht auf das Phänomen werfen könnten. Auf jeden Fall geht aus den neuen Ergebnissen nun hervor, dass die Planetenkategorie der ultraheiße Jupiter noch sonderbarer ist, als bisher angenommen.

Quelle: Europäische Südsternwarte, Fachartikel: Astronomy and Astrophysics, doi: 10.1051/0004-6361/202244489

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