Ein Raubsaurier namens Coelophysis bauri hat entgegen früherer Annahmen nicht Jungtiere seiner eigenen Art, sondern Vorfahren der Krokodile gefressen. Zu diesem Schluss kommen amerikanische Forscher nach einer erneuten Untersuchung von Überresten der Saurier und ihrer Beute, die in einer früheren Studie als Beweise für Kannibalismus gedeutet worden waren.
Entdeckt wurden die Knochen der Raubsaurier bereits im Jahr 1947 in New Mexiko. Bei der genaueren Untersuchung der Skelette entdeckten Forscher zwei Exemplare, in deren Bauchhöhle sich eine Ansammlung kleinerer Knochen befand. Aus diesem Fund, den die Wissenschaftler für die Überreste von jungen Individuen von
Coelophysis bauri hielten, schlossen die Wissenschaftler, dass bei den Raubsauriern Kannibalismus an der Tagesordnung war. Diese Ansicht ist heute weit verbreitet. So stellen etwa viele Bilder von Coelophysis in Museen und Büchern Szenen von Kannibalismus dar.
Sterling Nesbitt und seinen zufolge waren die Untersuchungen, die zu der Hypothese des kannibalistischen Verhaltens der Raubsaurier führten, sehr ungenau. Die Paläontologen untersuchten daher nun erneut die Versteinerungen und analysierten dabei den Bau und die Gewebestruktur der Knochenreste im Bauchraum der versteinerten Saurier. Nach diesen Ergebnissen handelte es sich bei den Verdauungsresten eindeutig nicht um Knochen von Jungtieren der Coelophysis-Saurier. Die Forscher identifizierten stattdessen Überreste von frühen Verwandten der heutigen Krokodile.
Kannibalismus ist heute bei Fleischfressern eine weit verbreitete Verhaltensweise. Ob das jedoch auch für fleischfressende Dinosaurier zutraf, bleibt Spekulation. Die Ergebnisse der Forscher lassen allerdings vermuten, dass Kannibalismus unter den Raubsauriern weniger gängig war als bisher angenommen.
Coelophysis bauri war ein leicht gebauter Räuber, der auf langen Hinterbeinen lief. Er wurde etwa zwei bis drei Meter lang und lebte vor ungefähr 210 Millionen Jahren, in der Zeit der oberen Trias.
Sterling Nesbitt (American Museum of Natural History, New York) et al.: Biology Letters, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1098/rsbl.2006.0524 ddp/wissenschaft.de ?
Martin Vieweg