Es scheint unwahrscheinlich, dass die Erde ein Einzelfall ist – fraglich ist eher, wie und wo sich Leben im Universum entwickelt haben könnte. Ein analytischer Blick auf den Rest einer Supernova legt nun nahe, dass die Verfügbarkeit von Phosphor bei der Entstehung von Leben eine wichtige Rolle gespielt hat. Der Mangel an diesem Lebens-Element könnte demnach auf vielen eigentlich lebensfreundlichen Himmelskörpern eine Entwicklung von Lebensformen – wie wir sie kennen – verhindert haben.
Wasser-, Kohlen-, Sauer- und Stickstoff – das sind die bekanntesten Grundlagen des irdischen Lebens. Doch es gibt noch ein weiteres Element, ohne das buchstäblich nichts läuft: Neben seiner Bedeutung für die Struktur des Erbguts bildet Phosphor ein zentrales Element für die Verbindung Adenosintriphosphat (ATP), die den Lebewesen die Speicherung und Übertragung von Energie ermöglicht. Für die Entwicklung des irdischen Lebens war es dadurch entscheidend wichtig. Sein Vorkommen könnte demnach auch bei fernen Himmelskörpern die Entstehungsmöglichkeiten für Lebewesen geprägt haben. Doch ist Phosphor denn überall im Universum ähnlich verfügbar wie bei uns? Dieser Frage hat sich ein Astronomenteam von der Cardiff University gewidmet.
Der Krebsnebel im Fokus
Sie nahmen dazu den Krebsnebel im Sternbild Stier mit dem William Herschel Teleskops auf La Palma ins Visier. Es handelt sich beim Krebsnebel um den Überrest einer Supernova. Man nimmt an, dass der Phosphor im Kosmos bei diesen Sternenexplosionen entstanden ist und anschließend zum Bestandteil von Himmelskörpern wurde. Wie viel Phosphor sich im Krebsnebel befindet, erfassten die Wissenschaftler anhand bestimmter Signaturen in der Infrarotstrahlung, die uns von dem Überbleibsel der einstigen Sternexplosion erreicht.
„Dies ist die zweite Studie zu Phosphor, die bisher durchgeführt worden ist. Die erste betrachtete den Supernova-Überrest Cassiopeia A“, sagt Teammitglied Phil Cigan. „So konnten wir diese Ergebnisse mit den neuen vom Krebsnebel vergleichen, um eventuelle Unterschiede aufzudecken, wie viel Phosphor bei den Supernovae ausgestoßen wurde“, erklärt der Astronom.
Aus den bisherigen Analysen und Vergleichen geht hervor, dass sich die Supernova-Reste in Sachen Phosphor deutlich von einander unterscheiden: Im Krebsnebel kommt viel weniger dieses Elements vor als bei Cassiopeia A, zeichnet sich in den Signaturen des Infrarotlichts ab. Möglicherweise sind Cigan zufolge die Merkmale von Cassiopeia A eher die Ausnahme, da dieses kosmische Gebilde durch die Explosion eines seltenen Super-massereichen Sterns entstanden sein könnte.
Phosphor könnte ungleichmäßig verteilt sein
Die Ergebnisse legen somit nahe, dass bei Supernovae in den Weltraum ausgestoßenes Material sich in seiner chemischen Zusammensetzung und im Phosphorgehalt stark unterscheiden könnte. Im Fall der Erde war es möglicherweise ein Glücksfall, dass ausreichend Phosphor auf den neugeborenen Planeten gelangt ist. „Wir vermuten, dass Meteoriten phosphorhaltige Minerale geliefert haben, die reaktiv genug waren, um die Bildung von Proto-Biomolekülen auf der Erde zu ermöglichen“, sagt Co-Autorin Jane Greaves. „Wenn Phosphor aus Supernovae stammt und sich dann in Meteoritengestein durch den Weltraum bewegt, frage ich mich, ob es einem jungen Planeten aufgrund seines Geburtsorts an reaktivem Phosphor fehlen könnte, und zwar dann, wenn er in der Nähe der falschen Art von Supernova entstanden ist. Auch wenn ein Himmelskörper erdähnliche Bedingungen bietet, könnte die Entwicklung mit einer phosphorarmen Grundlage schwierig sein“, so die Wissenschaftlerin.
Die Forscher werden der Spur nun weiter nachgehen und genauer überprüfen, ob es im Krebsnebel nicht doch auch phosphorreiche Regionen gibt. Anschließend wollen sie weitere Kandidaten im Kosmos ins Visier nehmen, um zu untersuchen, ob auch andere Supernova-Überreste arm an Phosphor sind. So könnte sich klären, ob dieses Lebenselement im Universum tatsächlich seltener ist als bisher gedacht.