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Arbeitswissenschaft: Arbeitszeit und Gesundheit

Gesellschaft|Psychologie

Arbeitswissenschaft: Arbeitszeit und Gesundheit
Symbolbild Homeoffice
Permanente Überlastung wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus. © pixabay.com, stevedimatteo (CC0 Creative Commons)

Erwerbstätige sollen nicht nur aus arbeitswissenschaftlicher Sicht langfristig leistungsfähig, belastbar und zufrieden mit ihrer alltäglichen Arbeit sein. Es ist auch ganz im Sinne ihrer persönlichen Gesundheit. Viele Arbeitgeber bieten verschiedene Arbeitszeitmodelle an, um ihren Mitarbeitern die Verbindung von Berufs- und Privatleben zu erleichtern. Doch bei aller Flexibilität, die fluide Arbeitszeiten mit sich bringen, bleibt ein Fakt bestehen: Zu hohe Belastungen senken die Produktivität.

Chancen flexibler Arbeitszeiten

Aktuell sehen die gesetzlichen Regelungen eine regelmäßige Arbeitszeit von 8 Stunden täglich und 40 Stunden in der Woche vor. Ein Minimum von 11 Stunden Ruhezeit zwischen den Arbeitsphasen ist ebenfalls in der Regel vorgegeben. Die Arbeitswissenschaft sieht in diesen Rahmenbedingungen einen guten Zeit-Standard für gesunde Arbeitsbedingungen. Das Arbeitszeitgesetz lässt Ausnahmen zu. Es dürfen derzeit bis zu 60 Stunden pro Woche gearbeitet werden, das sogar mehrere Wochen hintereinander. So flexible Arbeitszeitvorgaben bieten ausreichend Spielraum, um die Zeitsouveränität von Arbeitnehmern zu stärken oder zu schwächen. Wichtig ist, dass dieser Spielraum nicht zu Lasten der Arbeitnehmer ausgenutzt, sondern zu ihren Gunsten gestaltet wird. Andernfalls besteht die Gefahr negativer gesundheitlicher Auswirkungen mit weitreichenden Folgen.

Arbeit und Privatsphäre trennen

Arbeiten im Homeoffice ist mittlerweile nichts Ungewöhnliches mehr. Hier passiert es leicht, dass Arbeit und Privatsphäre nicht scharf voneinander zu trennen sind. Dies geht zu Lasten des Arbeitnehmerschutzes.  Es ist für beide Parteien nahezu unverzichtbar, dass die Arbeitszeit korrekt und fair erfasst wird.

In § 16 des Arbeitsgesetzes sind Regelungen zur Zeiterfassung fixiert. Sinngemäß sind Arbeitgeber verpflichtet, Überstunden aufzuzeichnen und die Aufzeichnungen für mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Eine elektronische Zeiterfassung ist ein einfacher und fairer Weg, um diesen Pflichten Genüge zu tun. Mitarbeiter können ihre geleisteten Stunden per App auf dem Smartphone, Tablet oder am PC nachweisen, egal ob sie unterwegs sind, im Homeoffice oder in der Firma arbeiten. Arbeitgeber behalten bei Bedarf sogar in Echtzeit den Überblick über die Tätigkeiten des Teams. So wird es möglich, frühzeitig einzugreifen, wenn Belastungen aus dem Ruder laufen und die Arbeitszeiten zu lang werden.

Auswirkungen langer Arbeitszeiten

Mitarbeiter mit langen Arbeitszeiten verzichten Tag für Tag auf Erholungszeit und verbringen weniger Zeit mit ihren Familien oder mit außerberuflichen Tätigkeiten. Mehrere Studien zum Thema Arbeitsbelastung haben ergeben, dass eine gesunde Normalarbeitszeit bei 8 Stunden täglich liegt. Eine lange Arbeitszeit umfasst bis zu 10 Stunden täglich bzw. bis zu 48 Stunden wöchentlich und eine überlange Arbeitszeit liegt über den genannten Grenzen. Diese Stunden-Referenzwerte liegen zugrunde, wenn in diesem Beitrag von langen oder überlangen Arbeitszeiten die Rede ist.

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Lange und überlange Arbeitszeiten wirken sich negativ auf die Gesundheit aus. Untersuchungen zeigen unter anderem, dass Kopfschmerzen und Gliederschmerzen, Schwindel- und Übelkeitsgefühl sowie gastrointestinale Probleme zunehmen. Auch Erschöpfungszustände, verminderter Schlaf und eine niedrige Stressresistenz treten im Zusammenhang mit erhöhter Arbeitsbelastung auf. Metastudien, die zahlreiche Studien rund um den Themenkomplex Arbeitszeit und Gesundheit beinhalten, legen dar, dass die Risiken für Burnout, Übergewicht, Depressionen und Alkoholmissbrauch steigen und außerdem Herzerkrankungen und Schlaganfälle zunehmen (Quellen: Bannai und Tamahoshi, 2014, Conway et al., 2017, Kivimöki und Kawachi, 2015, Theorell 2016 und Virtanen 2012)

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Menschen, die permanent lange oder überlange Arbeitszeiten haben, häufiger erkranken und unzufrieden mit der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sind.

Unfallhäufigkeit nimmt zu

Neben den gesundheitlichen Nachteilen, die sich aus übermäßiger Arbeitszeit ergeben, lässt sich auch eine steigende Zahl von Unfällen darauf zurückführen. Das Risiko von Fehleinschätzungen etwa beim Führen von Fahrzeugen steigt. Je länger die Arbeitszeit von 8 Stunden überschritten wird, desto größer ist das Risiko von Arbeitsunfällen. So steigt die Unfallhäufigkeit nach zwölf Stunden auf das Doppelte an im Vergleich zu einem regulären 8-Stunden-Tag.

Produktivität und Leistungsfähigkeit sinkt

Unfälle sind oft die Folge sinkender Konzentrationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit. Ermüdungserscheinungen weisen häufig bereits im Vorfeld darauf hin. Wenn die kognitive Leistung sinkt, steckt in der Regel Müdigkeit durch zu hohe Arbeitsbelastung dahinter. Dabei kann sich der Leistungsabfall einerseits in der täglichen Routine zeigen, andererseits auch über die Wochen und Monate zunehmen. Bereits nach 5 Tagen, in denen länger als 8 Stunden gearbeitet wird, fällt die kognitive Leistungsfähigkeit ab, wobei die Art der Tätigkeit die Intensität des Leistungsabfalls beeinflusst. Betroffene fühlen sich generell müder und erschöpfter, die Produktivität leidet.

Produktivität ist eine Kennzahl, die in wirtschaftlicher Hinsicht eine wesentliche Rolle spielt. Sie steht für Effizienz und Effektivität. Es lässt sich zwar nicht zweifelsfrei belegen, dass lange Arbeitszeiten die Produktivität grundlegend verschlechtern, doch es gilt nach Untersuchungen von Collewet und Sauermann (2017) als sehr wahrscheinlich, dass eine Steigerung der Produktivität durch lange Arbeitszeiten nicht gegeben ist.

Soziale Teilhabe und Motivation sinken

Eine direkte Folge langer und überlanger Arbeitszeiten ist die Reduktion der sozialen Teilhabe. Außerdem gilt, dass aufgrund langer Pendelwege weitere arbeitsgebundene Zeit entsteht. Der Erholungswert sinkt insgesamt, das Privatleben beginnt zu verkümmern. Dies wirkt sich negativ auf die Work-Life-Balance aus, deren sinkende Qualität zu einem erhöhten Konfliktpotenzial führt. Mitarbeiter werden langfristig unzufrieden, ihre Motivation wird weniger und die Tendenzen, sich krankschreiben zu lassen oder den Arbeitgeber zu wechseln, steigen.

Fazit: Firmen verlieren durch lange Arbeitszeiten

Was vordergründig Unternehmenswachstum verspricht, führt hintergründig tatsächlich in eine Sackgasse. Erwerbstätige, die regelmäßig mehr als 8 Stunden täglich oder 40 Stunden wöchentlich arbeiten, zahlen einen hohen gesundheitlichen Preis. Dieser wirkt sich langfristig negativ auf Betriebe aus. Aus heutiger Sicht ist es ratsam, flexible Arbeitszeiten anzubieten, die die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben ermöglichen, jedoch den als gesund definierten Stundenrahmen nicht überschreiten. Zeiterfassungssysteme, die unkompliziert und ohne nennenswerten Aufwand jederzeit auf verschiedenen Endgeräten nutzbar sind, sind ein wichtiges Tool für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie helfen beiden Seiten dabei, die Arbeitszeiten fair und korrekt zu erfassen und die Kontrolle zu behalten.

16.12.022

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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