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Was die Elektromobilität noch für den Durchbruch braucht

Technik|Digitales

Was die Elektromobilität noch für den Durchbruch braucht
Fahrbahnmarkierung einer Ladestation
Elektromobilität ist die Zukunft. Doch damit das auch in Deutschland schnell geht, braucht es ein verstärkt elektropositives Umfeld. (Bild: Adobe Stock, mmphoto)
2010 hatte die Bundesregierung die Losung ausgegeben, dass bis 2020 mindestens eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen unterwegs sein sollten. Diesen Vorsatz kann man, auch wenn er mittlerweile auf 2022 verbessert wurde, als gescheitert ansehen. Zum Stand 1. Januar 2019 waren exakt 83.175 reine Stromer zugelassen.

Das bedeutet, es müssen Maßnahmen erfolgen. Ein wichtiger Schritt dazu ist die Tatsache, dass die Fördertöpfe noch länger gefüllt sind, als ursprünglich avisiert (was allerdings auch daran liegt, dass bislang zu wenige Käufer bei E-Autos zugriffen). Doch staatliche Kaufunterstützung bei den Autos kann nur ein Punkt sein. Was die E-Mobilität weiterhin benötigt, um vor allem hierzulande zu obsiegen, zeigt der folgende Artikel.

Einen einzigen Stecker

Wer einen Verbrennungsmotor fährt (gasbetriebene Fahrzeuge ausgenommen), hat es mit genau einem Anschlusstyp zu tun: Dem Rohr einer Zapfpistole. Die einzige Konvention ist, dass die Rohre für Diesel 25mm durchmessen, die für Benzin hingegen 21, was das Verwechslungsrisiko minimieren soll.

Bei der Elektromobilität gibt es jedoch, selbst nachdem lange Standardisierungs-Scharmützel ausgefochten wurden, nach wie vor unterschiedliche Steckersysteme. Euro-Standard ist zwar Typ 2, trotzdem kochen zu viele Hersteller noch eigene Suppen, sodass es für deutsche Fahrer teils notwendig ist, Adapter zu besitzen. Etwas, bei dem immer ein Hauch von unattraktiver Improvisation mitschwingt.

Wünschenswert wäre ein einziger Stecker und zwar global, wie es ja bei Zapfsäulen auch funktioniert.

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Weniger Einflussnahme

Man kann heute keine Nachrichtensendung mehr schauen, keine Nachrichtenwebseite mehr durchforsten, ohne auf Artikel zu stoßen, die sich mit dem Mobilitätswandel befassen. Zugegeben, das Thema ist auch wichtig.

Allerdings gibt es viele Menschen, auf die die Schlagzahl der Meldungen sowie die Intensität, mit der sie auf die Überlegenheit der Elektromobilität pochen, reichlich abschreckend wirkt. Bei vielen wie umgekehrte Psychologie: Statt zum Wechsel auf Elektrofahrzeuge zu animieren, stört es eher, erzeugt unnötige Verweigerungshaltungen.

Sinnvoller wäre es sicherlich, etwas auf die Bremse zu treten, nicht so vehement zu fordern, sondern etwas verhaltener und bei Fahrzeugtests auch nicht die Elektromobilität besonders hervorzuheben, sondern den Stromer wie jeden anderen Wagen zu behandeln und nüchtern zu analysieren. Dann wird er in den Köpfen Normalität und das ist vielleicht das wichtigste Ziel.

Elektroautos an Ladesäulen
Bild: Adobe Stock, fotoak80

Mehr Ladestationen

Deutschland gibt sich durchaus Mühe, eine der größten Hürden für den Durchbruch der E-Mobilität zu beseitigen, indem es den Aufbau von Ladestationen fördert. Doch das große Problem daran ist, dass die Maßnahmen, auch wegen der föderalen Struktur, reichlich uneinheitlich sind. Teils fördern Bundesländer, teils nicht, teils geben einzelne Kommunen große Fördersummen aus, bei anderen sind es nur kleinste Symbolbeträge, alles andere als konkret.

Einen kleinen Leuchtstreifen gab es im Frühjahr 2019, als Verkehrsminister Scheuer forderte, Ankauf und Installation privater Wallboxen großmaßstäblich zu fördern. Allerdings scheint das Thema seitdem auf Eis zu liegen, obwohl es für viele Privatleute von zentraler Wichtigkeit ist.

Dabei müsste man nur nach Norden schauen: Norwegen ist auch deshalb eines der Länder mit der höchsten E-Auto-Dichte (die Hälfte aller Neuzulassungen), weil man es dort staatlicherseits verstanden hat, „Nägel mit Köpfen“ zu machen. Oslo gründete schon 2001 den Staatsbetrieb Enova, unter dessen Dach sämtliche Aspekte des Energiewandels zusammengefasst sind, auch Elektromobilität.

In dieser Eigenschaft sorgt Enova seit Jahren durch gezielte, ergebnisorientierte Auftragsvergabe als Zentralstelle auch für den Ausbau des Ladesäulennetzes. Der Erfolg: Alle 50 Kilometer finden norwegische Elektrofahrer mittlerweile eine Ladesäule vor. Egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Ein Beispiel, das sich Berlin durchaus 1:1 abschauen könnte, statt einen unnötigen deutschen Sonderweg zu gehen.

Einheitliche Vergünstigungen

Abermals ist es der Flickenteppich in Deutschland, der eine Hürde schafft, wo keine sein sollte. Seit 2015 existiert das Elektromobilitätsgesetz. Aus §3 geht auch etwas Wichtiges hervor: Die Möglichkeit, Elektrofahrzeuge zu bevorzugen; etwa beim Parken.

Bloß wird diese Maßnahme abermals den Kommunen auferlegt. Bedeutet, eine Stadt kann für sich entscheiden, ob und in welchem Ausmaß sie Elektrofahrzeugen Sonderrechte einräumt oder eben nicht. Ein Zitat des ADAC:

„So sind die Vorteile für den Fahrer eines Elektrofahrzeugs völlig unübersichtlich.
Eine zentrale Informationsquelle gibt es nicht.“

Für Autofahrer hat das einen höchst schalen Beigeschmack, weil sie nicht auf einheitliche Regelungen vertrauen können. Was in Mainz erlaubt ist, kann gleich daneben in Wiesbaden verboten sein. Dass Deutschland gleichsam mit der in vielen Kommunen vollzogenen unterschiedslosen Reduktion von Automobilität per se, etwa durch gezielte Verknappung von Parkraum, auch Elektroautofahrer unnötig gegängelt werden, kommt noch hinzu.

Hier wäre es wünschenswert, wenn Einheitlichkeit bestünde: Feste (und gerne mannigfaltige) Vergünstigungen für Elektroautos, egal wo in der Republik. Dazu eine Abkehr von der generellen Reduktion von Parkraum für alle Autos. Auch hier sollten Elektroautos bevorzugt werden.

Eine konsequente Weiterverwendungskette

Bei der heutigen Batterietechnik von Lithium-Ionen-Akkus, wie sie in den allermeisten Elektrofahrzeugen verbaut sind, liegt die Lebensdauer bei acht bis zehn Jahren oder etwa 100.000 Kilometern.

Danach ist die Batterie allerdings beileibe nicht „durch“ und ein Fall für den Recyclingbetrieb, sondern tatsächlich noch ein hochpotenter Energiespeicher. Bloß reicht die Leistung nicht mehr für den Autobetrieb, weil die Kapazität sich durch die vielen Lade- und Entladevorgänge zu weit reduziert hat, was allerdings nicht bedeutet, dass die Batterie nicht noch für andere Anwendungen taugt.

Konkret müssten hier staatlicher und herstellerseits mehrere Ziele erfüllt werden, um einen sinnvollen Kreislauf zu gewährleisten. Allerdings ist das eine Aufgabe, die teils weit über der Kompetenz einzelner Nationalstaaten liegt:

  1. Autobatterien bestehen aus einzelnen Zellen. Wünschenswert wäre, dass diese herstellerunabhängig vollkommen einheitlich wären, damit ein einheitlicher Weiternutzungsplan entstehen kann. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung tätigte die EU erst jüngst mit dem zweiten Batteriezellen-Herstellerverbund.
  2. Aus dem gleichen Grund müssten einheitliche Reparaturprogramme erschaffen werden, damit die Lebenszeit einer Batterie im Auto durch den Austausch einzelner Zellen kostengünstig erhöht wird. Auch hier gibt es bereits vielversprechende Ansätze. Mercedes nennt das Prinzip RePair, wobei einzelne Module ersetzt werden können; ähnliche Ziele verfolgen u.a. BMW und VW.
  3. Es müssten zentrale Lenkungsstellen etabliert werden, die ausgebaute Zellen bzw. Module erfassen, in Restleistungsklassen einteilen und so einer gezielten Weiterverwendung zuführen. Denkbar ist etwa der Einsatz in Ladesäulen oder auch als private Stromspeicher für durch Photovoltaik erzeugte Ströme.
  4. Diese Lenkungsstelle muss zudem abermals greifen, wenn Batteriezellen auch für diese Weiterverwendung zu leistungsschwach geworden sind.
  5. Als letzte Stufe ist ein idealerweise multinationales Recyclingprogramm notwendig, welches die schwierige, aber notwendige Extraktion der Rohstoffe aus den (nach wie vor Spannung enthaltenden) Batterie-Leichen übernimmt und sie wieder der Herstellung zuführt.

Ziel müsste es also sein, einen großen, geschlossenen Batteriekreislauf zu erstellen. Gute Ansätze dazu gibt es wie angemerkt bereits, doch es verbleibt noch sehr viel Verbesserungspotenzial.

Normalität im Design

Futuristische Designstudie eine E-Autos
Bild: Adobe Stock, Vitaly Krivosheev

Vor einigen Wochen kündigte BMW an, sein Elektrofahrzeugmodell i3 bald nachfolgerlos einstellen zu wollen. Mit ein Grund dafür ist, dass der Wagen in Herstellungsweise und Design enorm vom Üblichen abweicht. Allein für die aus CFK bestehende Karosserie wurde in den USA für eine dreiviertel Milliarde Dollar ein Werk errichtet; zudem unterscheidet sich die hohe, schmale Optik stark von gewohnten Mustern, vor allem innerhalb der BMW-Modellpalette.

Hierin zeigt sich ein Problem, das vielen Autokäufern unter den Nägeln brennt: Das Design einiger Elektroautos sticht nicht minder revolutionär hervor wie der Antrieb, der unter ihrem Blech- bzw. Kunststoffkleid steckt.

Zwar stellte Harald Kröger, E-Mobilitäts-Entwicklungschef von Mercedes, schon 2014 in einem Interview mit uns fest, dass Elektroautos andere räumliche und darüber auch designtechnische Anforderungen haben. Dennoch, das zeigen die Verkaufszahlen, gewinnen vor allem jene Stromer die Käufergunst, bei denen bis auf das E-Kennzeichen nur wenig auf den Antrieb hindeutet. Tatsächlich gibt es sogar Bestrebungen, das Gegenteil von Futuristik im Karosseriebau von E-Autos anzuwenden: 2017 stellte Honda eine Designstudie vor, die 2019 auf der Genfer Motorshop zum Prototyp herangereift war und die mit ihrem Design so direkt aus den frühen 1980ern stammen könnte.

Für viele stellen derartige Herangehensweise einen wichtigen Schlüssel dar: Der Antrieb revolutionär, die Linienführung jedoch evolutionär.

14.10.2019

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