Kostbarkeiten, die wohl kaum versehentlich ins Wasser gefallen sind: Erstaunlich reiche Funde im Grundbereich eines einstigen Brunnens in Bayern legen nahe, dass er vor rund 3000 Jahren rituellen Zwecken gedient hat. Ähnlich wie auch heute noch Münzen in sogenannte Wunschbrunnen geworfen werden, könnten damals Menschen Schmuckstücke und Keramiken als Opfergaben in der besonderen Wasserquelle versenkt haben, sagen die Archäologen.
Der Bereich der heutigen Stadt Germering in Oberbayern war schon früh ein Siedlungsgebiet. Davon zeugen bereits zahlreiche Funde aus der Vor- und Frühgeschichte. Seit Anfang 2021 sind nun viele neue hinzugekommen: Im Vorfeld von Bauarbeiten wurden auf einer Grabungsfläche von rund sieben Hektar zahlreiche Siedlungsspuren aus der Bronzezeit bis ins frühe Mittelalter entdeckt. Dazu gehören auch die Überreste von Brunnen, die den Menschen der verschiedenen Epochen zur Wasserversorgung dienten. Doch einer der auf dem Areal entdeckten Brunnen unterschied sich von den anderen deutlich, berichtet das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BlfD).
Diese in Holz gefasste Wasserstelle wird auf ein Alter von mehr als 3000 Jahren datiert und reichte mit etwa fünf Metern im Vergleich zu anderen besonders tief in den Untergrund. Das Ungewöhnlichste waren allerdings die Gegenstände, die das Archäologenteam im einstigen Grundbereich des Brunnens entdeckte: 26 Gewandnadeln aus Bronze, einen Armreif, zwei Metallspiralen, einen gefassten Tierzahn, Bernsteinperlen und mehr als 70 Keramikgefäße. Mit dieser Verfüllung unterscheidet sich dieser Brunnen grundlegend von den anderen auf der Grabungsfläche, betonen die Archäologen. Auffallend ist ihnen zufolge auch, dass es sich bei den Keramiken nicht um einfaches Alltagsgeschirr gehandelt hat. Derart feingearbeitete, verzierte Schalen, Tassen und Töpfe, widmeten die Menschen der Mittleren Bronzezeit oft ihren Verstorbenen als Grabbeigaben.
Ein Brunnen mit Kultstatus?
Wie die Experten erklären, sprechen die Menge und die hohe Qualität der Gegenstände dafür, dass diese nicht versehentlich in den Brunnen gefallen sind, sondern absichtlich dort deponiert wurden – vermutlich im Rahmen von Ritualen. „Noch heute haben Brunnen für viele Menschen etwas Magisches. Sie werfen Münzen hinein, in der Hoffnung, dass ihre Wünsche erfüllt werden. Welche Motive unsere Vorfahren vor 3000 Jahren dazu bewegten, Schmuck und andere wertvolle Gaben darzubringen, können wir zwar nicht genau klären. Es ist aber zu vermuten, dass sie als Opfer für eine gute Ernte gedacht waren“, erklärt Mathias Pfeil vom BlfD.
Möglicherweise steckt auch in den ungewöhnlichen Merkmalen des Brunnens ein Hinweis: „Dieser Brunnen zeigt durch seine Tiefe, dass er in einer Zeit genutzt wurde, in der der Grundwasserstand weit abgesunken war, was auf eine lange Trockenheit und sicher auch auf schlechte Ernteerträge schließen lässt. Möglicherweise kann man darin einen Grund erkennen, warum die damals hier lebenden Menschen einen Teil ihres Besitzes ihren Göttern in diesem Brunnen opferten“, sagt Marcus Guckenbiehl, Stadtarchäologe und -archivar Germerings.
Die Experten wollen sich den Überresten des besonderen Brunnens nun auch noch genauer widmen: „Dass ein Brunnen mehr als 3000 Jahren so gut übersteht, ist extrem selten. Seine Holzwände sind am Grund komplett erhalten und zum Teil noch vom Grundwasser durchfeuchtet. Das erklärt auch den guten Zustand der Funde aus organischen Materialien, die nun genauer untersucht werden sollen. Wir erhoffen uns dadurch weitere Informationen über den Alltag der damaligen Menschen“, sagt Jochen Haberstroh vom BlfD.
Quelle: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege