Im Jahr 2005 wurde der wirtschaftliche Schaden durch Flutkatastrophen weltweit auf rund sechs Milliarden Dollar im Jahr geschätzt. Doch das sind offenbar Peanuts gemessen an dem, was uns in den kommenden Jahrzehnten bevorsteht. Ein französisch-britisches Forscherteam um Stephane Hallegatte von der Weltbank und dem französischen Zentrum für Umwelt- und Entwicklungsforschung CIRED hat nun berechnet, welche jährlichen Schäden die 136 größten Küstenstädte im Jahr 2050 zu erwarten haben.
Dazu spielten sie verschiedene Szenarien durch: In einem Fall wurden lediglich sozioökonomische Faktoren berücksichtigt – sprich Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum der Stadt. Wo mehr Menschen leben und mehr Wohlstand herrscht, so die Logik, richtet eine Flut größeren wirtschaftlichen Schaden an. In einem zweiten Szenario gingen die Forscher zusätzlich von einer Absenkung einiger Küstenregionen um 40 Zentimeter aus; im dritten und vierten Szenario stieg darüber hinaus der Meeresspiegel um 20 respektive 40 Zentimeter.
Das Fazit der Wissenschaftler: Bereits das Wachstum der Küstenmetropolen könnte bis zum Jahr Jahr 2050 die wirtschaftlichen Schäden durch Überschwemmungen auf 52 Milliarden Dollar jährlich treiben – auf das Neunfache des heutigen Durchschnittswerts. Bezieht man außerdem die steigende Flutgefahr durch den steigenden Meeresspiegel und Bodensenkungen mit in die Rechnung ein, sind Kosten von mehr einer Billion Dollar zu erwarten, wie die Forscher berichten. “Passen sich die Städte nicht an die neue Gefahr an, sind die Auswirkungen dieser Umweltfaktoren viel größer als die der sozioökonomischen Veränderungen”, schreiben die Forscher.
Und selbst mit Schutzmaßnahmen, die zumindest dafür sorgen, dass das Meer nicht häufiger über die Deiche vordringt als heute, würden die Kosten dennoch auf bis zu 63 Milliarden Dollar pro Jahr ansteigen. “Es ist daher entscheidend, dass wir uns auf größere Katastrophen vorbereiten, als wir sie heute kennen”, betonen Hallegatte und seine Kollegen. Außerdem betonen sie, dass in ihren Prognosen lediglich Schäden durch Flutkatastrophen enthalten sind, nicht aber solche durch andere Extremwetterereignisse wie beispielsweise Wirbelstürme.
Nicht alle Städte gleich betroffen
Welche Zerstörung Überschwemmungen durch Hurrikans anrichten können, haben New Orleans und New York bereits erlebt. Sie gehören den Forschern zufolge auch bei “normalen” Sturmfluten zu den Städten mit dem höchsten wirtschaftlichen Risiko. Denn sie kombinieren eine Ansammlung vieler Werte und hohen Wohlstands mit nur geringen Schutzmaßnehmen. Gemeinsam mit Miami und der chinesischen Metropole Guangzhou sind sie daher momentan für 43 Prozent des gesamten jährlichen wirtschaftlichen Schadensrisikos verantwortlich. Doch die Lage wird sich in den nächsten Jahrzehnten ändern, wie die Simulationen ergaben: Für das Jahr 2050 tauchen in den Top 20 vor allem asiatische Städte wie Kalkutta, Jakarta oder Ho Chi Minh City auf. Ihre Gemeinsamkeit: Sie alle sind von einer Absenkung der Küstenregion betroffen. „Nur die Absenkung scheint ein durchweg guter Indikator für das Schadenspotential zu sein, sowohl was das absolute und relative Maß an Veränderung betrifft”, schreiben die Forscher.
Für die betroffenen Städte heißt das: Sie sollten möglichst schnell ihre Schutzwälle erhöhen und Notfallpläne erarbeiten. Denn selbst wenn es gelingt, kleinere Überflutungen zu vermeiden: Sollten die Deiche einmal nachgeben, ist der Schaden umso größer. „Die Welt wird nicht mehr Flutkatastrophen erleben. Aber jede der Flutkatastrophen wird aufgrund der Absenkung des Bodens und des Anstiegs des Meeresspiegels zerstörerischer sein, selbst bei besseren Schutzvorkehrungen”, konstatieren Hallegatte und seine Kollegen. Ihr Tipp: die Städte sollten die Deiche vorsorglich höher bauen als nach heutigen Maßstäben nötig. Diese Vorsorge kostet jede Stadt zwar geschätzt eine dreistellige Millionensumme pro Jahr. Das sei aber immer noch weitaus weniger als die Kosten, die bei Überschwemmungen durch mangelnder Anpassung auf diese Städte zukommen, so die Forscher.